Selbst die Schüler in South Park können mit einem Handyverbot leben

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Kleine Klasse, keine Handys: In deutschen Schulen eher eine Seltenheit. (Foto: Max Fischer/Pexels)

Die neue South Park-Folge hat bei mir einen Gedanken angeregt: Ist es nicht manchmal besser, etwas zu verbieten? Einfach mal Klarheit zu schaffen, was erlaubt ist und was nicht?

Am Ende der vierten Episode „Wok Is Dead“ der 27. Staffel verbietet Jesus als Counselor, also Vertrauenslehrer, den Schülern mehrere Dinge: Labubus, TikTok und Smartphones. Zuvor hatte es große Konflikte deswegen gegeben. Die beiden Schüler Butters und Red können irgendwie damit leben, dass es jetzt das Verbot gibt. Es ist nun mal so, man muss damit leben. Der neue Counselor sei zwar ein „dick“, aber in ihren Augen trotzdem besser als der alte. Man hat ja auch noch Tausende andere Dinge zu erleben, und weil alle anderen sich auch an die neuen Regeln halten müssen, ist es halb so wild.

Die Episode erinnert mich an die Theorie des deutschen Soziologen Niklas Luhmann. Das Leben ist nach Luhmann kontingent, also prinzipiell für alles offen. Es kommt darauf an, es zu gestalten. Dafür braucht es Entscheidungen, an die sich weitere Entscheidungen anschließen und immer so weiter.

Wenn man aber alles, was schlecht läuft, immer so weiter laufen lässt, also keine Entscheidungen trifft – sprich: Regulierungen und Gesetze erlässt –, dann kann man sich nach nichts richten. Dann herrscht Unklarheit. Dann herrscht Chaos. Dann weiß niemand mehr, ob er gerecht behandelt wird und was er sich selbst herausnehmen kann.

Die Grauzone schadet der Gesellschaft. Verbote erscheinen auf den ersten Blick ärgerlich, weil Freiheiten eingeschränkt werden, aber man weiß immerhin, woran man ist. Nach Erlass der Verbote kann es eine Zeit lang in eine andere Richtung weitergehen, bis es wieder zu Unklarheit kommt und weitere Entscheidungen, sprich: Verbote nötig sind. 

Willkürlich sollten diese Verbote freilich nicht getroffen werden. Für mein Empfinden sollten sie sich nach dem kategorischen Imperativ von Immanuel Kant richten, bekannt auch unter dem Spruch: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Nur universelle, also für alle Betroffenen geltenden Gesetze sind wirkmächtig und von einiger Dauer.

Auch in Deutschland wird gerade über Verbote diskutiert. In Hessen sind ab diesem Schuljahr Handys im Unterricht verboten – mit bestimmten Einschränkungen. Ist das gut oder schlecht, fragen die Medien. Und sie befragen dazu Schüler, Sozialarbeiter und Politiker. 

Dabei bilden die Medien eine Debatte ab, die sich seit mindestens 15 Jahren an den Schulen abspielt und die die Schulen immer für sich selbst individuell lösen mussten. Lehrer, Eltern und Schüler wurden damit allein gelassen. Dass Smartphones ein politisches Problem sind, das begreifen die Politiker erst jetzt.

Das Machtwort, also Verbot, kommt viel zu spät. Man musste sich erst ganz sicher sein, dass Smartphones in Kinderhänden gefährlich sein können, bevor man etwas unternommen hat. Es brauchte Studien und Medienberichte. Dabei hätte man sich einfach nur mal bei den Lehrern umhören müssen und bei den Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

Smartphones an sich sind womöglich jedoch gar nicht das Problem, es ist der Umgang damit. Klingt das nicht wie eine pädagogische Binsenweisheit? Definitiv, aber wenn man den Umgang mit einem Gerät so manipulieren kann, dass man suchtartiges Verhalten auslöst, dann liegt es nicht nur am Einzelnen, den Umgang zu kontrollieren.

Dark Patterns, Algorithmen, Benachrichtigungseinstellungen: Viele Apps machen es sich zu Nutzen, dass die User nichts verpassen wollen. Aus ein paar Videos werden dann schnell Sessions von Stunden. Sieben bis acht Stunden tägliche Screen Time sind bei Jugendlichen keine Seltenheit. Aber Erwachsene sind davor auch nicht gefeit.

Daher greift es in meinen Augen zu kurz, lediglich die besonders gefährdeten Minderjährigen vor den negativen Folgen des Smartphones zu schützen. Smartphones und Social Media sind politische Themenfelder. Es braucht dafür Regeln, die allen nützen. Wo immer die Aufmerksamkeit manipuliert wird, braucht es Schutzmaßnahmen. Mediensucht nach Gaming, Social Media, Pornos – das ist längst kein Nischenthema mehr. Die Politik holt erst jetzt auf, dabei haben mehrere Schülergenerationen den Schaden bereits davongetragen – und die Gesellschaft mit ihnen.

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